«Samnauner Dialekt»
Phonetische Zeichen
- å Laut zwischen a und o
- ë Laut zwischen e und ö
- ε angedeutetes e (a)
Was das Volk einst erzählte
Der Ålpschtoan
Dεr «Ålpschtoan» isch εn riisagroassa Schtoan, wo pa dεr «Untεr Ålp» schteat. Wia friar ålba dεrzëilt gwoara isch, håt a Heks dej Schtoan pa di «Schwårza Wänd» khoult und håt εn wëlla in Firti in Tåul åucha tråuga. Si håt in Sinn khët dej riisig Schtoan af «Larët» z wearfa und ds Doarf zåmt di Lait z grund z richta. Åuber wou si zu dεr «Untεr Ålp» åucha kejma isch, isch ra ds Firtipånd procha und si håt dej Schtoan miassa fålla låssa und håt εn denn numme kenna waitεr tråuga. Saidεr denn schteat dear riisagroass Schtoan pa dεr «Untεr Ålp» und hoast «Ålpschtoan».
Der Alpstein
Der «Alpstein» ist ein riesengrosser Stein, der bei der «Unteren Alp» steht. Wie früher immer erzählt worden ist, hat eine Hexe diesen Stein bei den «Schwarzen Wänden» (beim Bürkelkopf) geholt und wollte ihn in der Schürze ins Tal hinuntertragen. Sie hat die Absicht gehabt diesen riesigen Stein auf «Laret» zu werfen und das Dorf mitsamt den Leuten zu Grunde zu richten. Aber als sie zu der «Unteren Alp» hinuntergekommen ist, ist ihr das Schürzenband gerissen und sie musste den Stein fallenlassen und hat ihn dann nicht mehr weitertragen können.
Seitdem steht dieser riesengrosse Stein bei der «Unteren Alp» und heisst «Alpstein».
D'r paiswurm in flaischhåufa – Die Schlange im Suppentopf
Hier finden Sie die deutsche Übersetzung.
Quelle Text: Arthur Jenal
Quelle Audio-Datei: Ludwig Jenal (1892-1976) war der jüngste Sohn von Josef Wendelin Jenal (1835-1907) Jenal und der Aloisia Messmer (1845-1896). Primarschule in Samnaun, Gymnasium in Disentis und Schwyz, Priesterseminar in Chur. Priesterweihe 1916. Primiz an Jakobi 1916 in Samnaun. Bei der Tonaufnahme am 13.09.1926 war er Pfarrer in Trimmis.
Zeitzeugen
Hier finden Sie spannende Interviews mit Zeitzeugen aus dem Samnauntal.
Quelle: Schule Samnaun
Grussformen
«Iats gea nu ga marenda!» – Jetzt gehe nur zum Imbiss!
«Håubats as påld?» – Habt ihr es bald?
«Schlåuf gsund!» – Schlafe gesund oder gute Nacht!
«Lëib wohl!» – Lebe wohl oder auf Wiedersehen!
«Tiats ruaba?» – Seid ihr am Ruhen?
«Pisch pan Holza?» – Bist du beim Holzspalten?
«Saits pan Rëcha?» – Seid ihr beim Rechen (Heuen)?
«Pisch ou scho auf?» – Bist du auch schon aufgestanden?
Kinder-Reime
Liirum, laarum, Löffεlstiil, Liirum, laarum, Löffelstiel,
ålta Waibεr frëssa viil, alte Frauen essen viel,
junga Maadla miassa fåschta junge Mädchen müssen fasten
mit Prot und Kaas in Kåschta. mit Brot und Käse im Kasten.
Halleluja, Halleluja Halleluja, Halleluja
di Knöidla tuat ma kuia, die Knödel kaut man
di Milch tuat ma trinka, die Milch trinkt man,
di Puaba (Maadla) tian schtinka. die Jungen (Mädchen) stinken.
Sprichwörter
«Di Henna håt gmoant, si hai glëit und dεrwail håt si nu gschissa.»
«Die Henne hat gemeint, sie habe gelegt und dabei hat sie nur geschissen.» So wird zum Ausdruck gebracht, dass Meinen als Grundlage für einen Entscheid nicht ausreicht.
«Wåus dεr Pauεr nit kennt, frisst εr nit.»
Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht.»
«In dεr Noat frisst dεr Tuifεl Fluiga.»
«In der Not frisst der Teufel Fliegen.» Wenn man in der Not ist, muss man auch mit wenig von schlechter Qualität vorliebnehmen.
«In dεr Nåcht sain ålla Kåtza schwarz.»
«In der Nacht sind alle Katzen schwarz.» Weil man im Dunkeln die Mängel nicht erkennen kann, scheint alles gleichwertig zu sein.
Redensarten
«Dåu geats zua, wia in ëiwiga Lëiba.»
«Hier geht es zu und her, wie im ewigen Leben» heisst, dass es sehr laut und turbulent zu und her geht.
«Dåu wear i nit lång Krumms måcha.»
Es drückt aus, dass man nicht bereit ist lange zu verhandeln.
«Dëis isch khupft wia gschprunga.»
«Das ist gehüpft wie gesprungen» heisst, dass es völlig gleichgültig ist, welche von zwei möglichen, meist eher schlechten Varianten gewählt wird.
«Du håsch a Gadächtnis wia Nudlsiib.»
«Du hast ein Gedächtnis wie ein Nudelsieb» bedeutet, dass der Betroffene ein äusserst schlechtes Gedächtnis hat.
«Du schausch aus wia gschpiibas Milchmuas.»
«Du siehst aus wie ein erbrochenes Milchmus» sagt aus, dass der Angesprochene aussergewöhnlich fahl und blass aussieht.
«Ear isch krånk af dεr frëssat Pånk.»
«Er ist krank auf der fressenden Bank» sagt man, wenn man annimmt, dass der Betroffene eine Krankheit vortäuscht, um sich vor Arbeit und Pflicht zu drücken.
«Iatz isch denn påld gnua Haa dunta.»
«Jetzt ist bald genug Heu unten» heisst, dass die Grenze des Tolerierbaren bald erreicht ist.
«Rëid odεr schaiss Puachschtåuba.»
«Rede oder scheiss Buchstaben» ist eine Aufforderung an jemanden zu reden, wenn er lieber nichts sagen würde.
«Dåu fanda siiba Kåtza koa Maus.»
«Hier fänden sieben Katzen keine Maus» heisst, dass am gemeinten Ort eine arge Unordnung herrscht, in der es aussichtslos ist, etwas zu finden.
«Dåu hoasts tiaf in Såck långa.»
«Da heisst es tief in den Sack langen» bedeutet, das man für das Betreffende einen hohen Preis bezahlen muss.
«Dëis geat auf koa Kuahaut.»
«Das geht auf keine Kuhhaut» heisst, dass etwas so sehr aus dem üblichen Rahmen fällt, dass man es auf einer ganzen Kuhhaut nicht beschreiben könnte.
«Dia håt nåuchnat pan Wåssεr paut.»
«Die hat nahe am Wasser gebaut» drückt aus, dass die mit dieser Redensart Bedachte oft und ohne triftigen Grund weint.
«Iats håt εr da Knopf oftåun.»
«Jetzt hat er den Knopf aufgemacht» bedeutet, dass sich der Genannte plötzlich überraschend gut entwickelt.
Spezielle Samnauner Mundartwörter
ållapott – ständig, oft
asiawats – manchmal
Firlafanz – wertloser Kram
frittlat – verrücktes Gehabe
Guttra – Flasche
halfgott – helfe Gott, wünscht man beim Niesen
Hoangεrt – Zusammenkunft zum gemütlichen, unterhaltsamen Plaudern
Ibradiibεrt – kopfüber, durcheinander
kamot – bequem
Kaudεrwalsch – unverständliche Sprache
magaari – reichlich
morz; a morz Drum – Adjektiv zur Vergrösserung; ein sehr grosses Stück
narsch – kindisch, albern
Nouna – Grossmutter
Påtscha – Hausschuhe
påufa – speicheln, sabbern
pleara – lautes Weinen
Puischla – Kuh
schërga – verraten, ausplaudern
schimpfla – spielen der Kinder mit Spielsachen
schtruuza – mühsames nachziehen
suandla – trödeln
tickna – Streiche spielen
tratza – ärgern, necken
tschearfna – die Schuhe beim Gehen über den Boden streifen
ungwarrli – gefährlich
Vεrgaltsgott – Dankeschön
vεrnoara – angenehm verweilen bzw. sich beschäftigen
woadli – schnell
Zåuft – grippeartige Erkrankung
Tatta – Papa Vater
Aufnahmen:
Marion Prinz, Jasmin Jenal
Quellen:
Vom alten Leben in Samnaun, Karl Jenal-Ruffner
Aus der Geschichte der Talschaft Samnaun, Arthur Jenal